Die Geschichte der zwei Wölfe
Zu meinen letzten Blogbeintrag „Toxic Positivity – Kann zuviel positives Denken schaden?“ habe ich zahlreiche Schreiben und Kommentare erhalten. Viele von euch bedankten sich dafür, dass ich offene und ehrliche Worte gefunden habe, dass auch negativ empfundene Emotionen ihren Raum haben dürfen. Bei allem was ich tue, ist mir eins wichtig: Ehrlichkeit & Authentizität – auch sich selbst gegenüber!
Es ist nun mal so, dass unser Leben aus Hochs und Tiefs, Tag und Nacht und Ebbe und Flut besteht. Die eigene Resilienz stärken, bedeutet diese Dualität in ein Gleichgewicht zu bringen, um innere Ausgeglichenheit zu erreichen.
In diesem Kontext ist mir wieder eine Geschichte eingefallen. Vielleicht kennst du sie auch schon, doch ich möchte sie trotzdem gerne mit dir teilen:
Die Geschichte der zwei Wölfe
Ein alter weiser Indianer saß mit seinem Enkel am Lagerfeuer und sie schauten gebannt in die Flammen. Der Enkel fragte seinen Großvater: „Großvater, warum sind die einen Menschen glücklich und andere unglücklich?“ Der Großvater sah ihn nachdenklich an und antwortete: „Lieber Enkel, in jedem von uns leben zwei Wölfe. Ein weißer und ein schwarzer Wolf.
Der weiße Wolf verkörpert alles, was gut ist. Er steht für Gerechtigkeit, Güte, Mitgefühl, Freude, Friede, Liebe und all das Licht in uns.
Der schwarze Wolf verkörpert alles, was schlecht in uns ist. Wut, Angst, Misstrauen, Hass, Zorn, Neid, Trauer, Gier und vieles mehr. Zwischen diesen beiden Wölfen findet ein ständiger Kampf statt.“
Der Enkel fragte neugierig nach: „Und welcher der beiden Wölfe gewinnt?“
Der alte Indianer lächelte liebevoll und antwortete seinem Enkel: „Der, den du fütterst. Doch wenn du nur den weißen Wolf fütterst, wird der schwarze Wolf irgendwann auf dich warten, wenn du einen schwachen Moment hast. Er wird die Aufmerksamkeit einfordern, die er haben möchte. Je weniger Aufmerksamkeit er von dir bekommt, desto stärker wird er den weißen Wolf bekämpfen. Also achte darauf, dass du auch ihn wahrnimmst und ihm Aufmerksamkeit schenkst, damit beide Wölfe glücklich sind und ihr alle gewinnt. Das ist die große Herausforderung für jeden Menschen, das innere Gleichgewicht herzustellen.“
Diese Geschichte gibt es in unterschiedlichen Ausführungen und einige „kürzen“ diese Geschichte und enden mit den Worten „Der, den du fütterst.“ Doch für mich persönlich ist genau dieser letzte Absatz besonders wichtig und stark.
Wir können den schwarzen Wolf, also all „das Schlechte“ nicht wegdrücken und ignorieren, dann kommt er womöglich umso wütender und mächtiger zurück. Es gilt also auch unsere Wut, Angst, Misstrauen, Hass, Zorn, Neid, Trauer und Gier wahrzunehmen, denn nur so, kann ein (inneres) Gleichgewicht entstehen. Du magst es zwar nicht glauben, doch genau das kann ein Geschenk, etwas Kraftvolles für dich sein!
In meinem Blogartikel „Resilienz stärken – Kennst du deine Bedürfnisse?“ gehe ich darauf ein, was es bedeutet seinen Bedürfnissen auf die Spur zu kommen.
Drei Punkte sind dabei wichtig:
- Eine Situation, eine Person oder eine Sache ist per se „unschuldig“, also weder gut noch schlecht.
- Erst wenn wir mit unseren Gedanken die Situation, die Person oder die Sache deuten und bewerten, entstehen Gefühle. Das passiert oft schnell & unbewusst.
- Gefühle entstehen auch durch Bedürfnisse. So empfinden wir positive Gefühle und sind glücklich wenn durch eine Situation, eine Person oder eine Sache die eigenen Bedürfnisse erfüllt werden. Falls unsere Bedürfnisse NICHT erfüllt werden, reagieren wir entsprechend und empfinden Wut, Trauer oder Neid, etc.
Im Klartext: Eine Situation, eine Person oder eine Sache hat nichts damit zu wie ich mich fühle. Es bin ich, meine Gedanken und meine dahinterliegenden Bedürfnisse, die bestimmen was ich empfinde.
Wenn wir über Persönlichkeitsentwicklung sprechen, geht der erste Schritt über die SelbstWAHRNEHMUNG zur SelbstERKENNTNIS. Genau dazu möchte ich dich gerne einladen!
SCHAU HIN – HÖRE HIN – Wenn du wütend, traurig, neidisch oder niedergeschlagen bist, frage dich:
- Was empfinde ich?
- Wo spüre ich an meinem Körper dieses Gefühl?
- In welchem Moment ist diese Empfindung in mir aufgekommen, also gab es einen Auslöser?
- Welche Bewertung (Gedanken) oder welches (unerfüllte) Bedürfnis könnte dahinter stehen?
Nimm wahr und erkenne!
Die nächsten Schritte sind die SelbstAKZEPTANZ und die SelbstVERÄNDERUNG! Wichtig ist, dass du bei diesem Prozess mit liebevollen Augen auf dich schaust. Es kann passieren, dass wenn du dich wahrnimmst und erkennst, sich dein (Selbst)Bild verschiebt. Deswegen ist es wichtig, dich und alles Geschehene so zu akzeptieren wie du bist und wie die Vergangenheit war. Akzeptieren heißt dabei nicht „gutheißen“, sondern annehmen und loslassen bzw. seinlassen.
Frage dich:
- Was sind die Lebensweisen, Glaubenssätze, Verhaltensmuster oder äußere Umstände, die du gerne transformieren, also für dich ändern möchtest?
- Wer und wie möchtest du gerne sein?
- Wie kannst du dein Leben gestalten, um die beste Version deiner Selbst zu leben?
Die einzelnen Schritte sind abhängig von einander und laufen oft parallel oder in Zyklen und wiederholen sich auch. So lernen wir ein Leben lang und wir entwickeln uns weiter ein Leben lang.
Zurück zu unseren zwei Wölfen.
Es ist wichtig den weißen Wolf zu füttern, um ein Leben in Liebe, Freude, Harmonie und Glück zu führen. Richte all deine Gedanken und dein Tun auf Dankbarkeit und Liebe aus. Denn dein Leben ist die Summe der Dinge, die du jeden Tag denkst, sagst und tust. Was du jeden Tag tust, ergibt einen Monat, ein Jahr, ein Leben. Füttere den weißen Wolf mit so vielen hellen und lichten Momenten wie möglich. Das schaffst du am besten wenn du dir bewusst darüber bist, was dich glücklich macht und dir gut tut. Das wird dein Leben bestimmen!
Doch wie eingangs beschrieben, besteht unser Leben aus Hochs und Tiefs, Tag und Nacht und Ebbe und Flut. So gibt es eben neben dem weißen Wolf auch den schwarzen Wolf. Wie der weiße Wolf für „das Gute“ steht, so steht der schwarze Wolf für „das Schlechte“ (ein bisschen tue ich mir schwer mit der Bezeichnung…). So sehr wir auch versuchen, ihn zu missachten oder wegzuschieben, er ist trotzdem da.
Für mich persönlich ist es tatsächlich so, dass meine negativ empfundenen Emotionen (also „das Schlechte“) für mich die größten Lernfelder sind. Beispielsweise wenn ich merke, dass „Neid“ in mir hochkriecht. Dann habe ich mir angewöhnt genauer hinzuschauen: Was bewundere ich genau? Bewundere ich es weil ich bei mir einen Mangel erkenne oder weil ich wirklich beeindruckt bin? Was kann ich gerade über mich lernen?
Ich schiebe diese Emotionen nicht beiseite, ich nehme sie wahr, d.h. auch der schwarze Wolf bekommt meine Aufmerksamkeit.
Der Schlüssel liegt nun darin, zu erkennen, dass es an dir liegt, was du daraus machst. Also deine Reaktion auf „das Schlechte“, liegt in deiner Hand. Gibst du dem schwarzen Wolf mehr Futter indem du dich -um beim Beispiel zu bleiben- dem Neid voll hingibst und dich hineinsteigerst oder erkennst du deine Lernfelder und leitest dir daraus eine möglich Transformation ab?
Um deine Resilienz zu stärken, also deine innere Stärke und psychische Widerstandskraft zu entwickeln und zu festigen, ist es wichtig, dass du raus dem Mangel-Denken und rein in die Fülle kommst. Lebe in Dankbarkeit und Liebe und lerne und transformiere dort, wo du inneres Wachstum anstrebst. Übernimm Verantwortung für dein Denken und dein Tun!
Auch jetzt geht es wieder darum liebevoll mit sich selbst zu sein! Wenn du eine Erkenntnis hast und du beispielsweise für dich daraus ein anderes Verhaltensmuster oder eine veränderte innere Einstellung ableiten möchtest, dann ist das toll. Sei gnädig mit dir wenn du trotz deiner Erkenntnis mal wieder in alte Denk- oder Verhaltensmuster verfällst. Alles braucht seine Zeit!
Du kannst es dir so vorstellen, dass über viele Jahre ein gewisses Denk- oder Verhaltensmuster sich so oft wiederholt hat, so dass jetzt bei deinen Gedanken der Weg zwischen Reiz (du siehst, du erfährst, du hörst etwas) und deiner Reaktion (du denkst, du sagts, du tust etwas) einer „Autobahn“ gleicht. Deine neue Erkenntnis und die Veränderung deiner Gedanken oder deines Verhaltens entspricht einem kleinen Trampelpfad, der parallel zur Autobahn läuft. Je häufiger du den Trampelpfad benutzten wirst, um so breiter und fester wird er, so dass die Autobahn irgendwann „verwildert“ und nicht mehr zu erkennen ist.
Also, sei lieb zu dir, du gibst alles was du kannst und der Rest wird die Zeit für dich erledigen!
Zwei Wege boten sich mir dar, ich nahm den Weg, der weniger begangen war und das veränderte mein Leben.
Robert Frost
Ich wünsche dir nun, dass du deinen weißen Wolf hingebungsvoll fütterst und den schwarzen Wolf wahrnimmst, um dir dadurch neue Lernfelder und neue Wege zu eröffnen!
Empower Yourself,
deine Birgit
PS: Ich freue mich so sehr über deine Kommentare zu diesem Thema auf Instagram oder Facebook.